 Wünschen sich, dass die Caritas auch in Zukunft die Türen für die Allgemeine Lebens- und Sozialberatung offen halten kann: (v.l.) Bereichsleiterin Taraneh Ghasemi sowie die Beraterinnen Brigitte Schütz und Angela Linke.Quelle: Caritasverband Gießen
Wünschen sich, dass die Caritas auch in Zukunft die Türen für die Allgemeine Lebens- und Sozialberatung offen halten kann: (v.l.) Bereichsleiterin Taraneh Ghasemi sowie die Beraterinnen Brigitte Schütz und Angela Linke.Quelle: Caritasverband Gießen
Die ASB ist eine erste niedrigschwellige, kostenlose Anlaufstelle für Menschen mit ganz unterschiedlichen Problemen. Doch die Finanzierung der ASB ist vielerorts gefährdet.
In Gießen sind Brigitte Schütz und Angela Linke mit insgesamt 49 Wochenstunden in der ASB im Einsatz. Zu ihnen kommen Menschen aus der Stadt und dem Landkreis Gießen. Im Jahr 2024 waren es 408 Personen bzw. Familien. Die Sozialpädagoginnen beraten im persönlichen Gespräch, am Telefon, per E-Mail und online. Weitere Beraterinnen des Verbandes bieten die ASB in Alsfeld, Büdingen und Friedberg an.
Die Allgemeine Sozialberatung hilft bei allen Fragen der Existenzsicherung und bei sozialen Problemen. Mit den immer komplexeren Fragestellungen in der Gesellschaft sind auch die sozialen Sicherungssysteme immer unübersichtlicher geworden. Menschen in prekären Lebenssituationen haben häufig nicht nur ein einziges Problem, sondern mehrere. Sie wissen oft nicht, wo sie mit ihren vielfältigen und unspezifisch scheinenden Problemen Hilfe finden. Dafür ist die ASB eine zentrale Anlaufstelle - und sie ist offen für jede und jeden aus Stadt und Landkreis Gießen.
"Wir schauen breit", sagt Angela Linke. Das gilt auch im Blick auf die Probleme der Menschen. Ein Hauptproblem der Menschen, die sich an die Beratungsstelle wenden, ist neben der Existenzsicherung bezahlbarer Wohnraum - "ein Megaproblem", sagt Schütz. Besondere Probleme haben nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund oder ältere Menschen, sondern auch Menschen im Niedriglohnsektor, Schwerstkranke, Menschen mit Beeinträchtigungen und Analphabeten. Die ASB hilft dann entweder selbst weiter oder vermittelt an die entsprechenden speziellen Beratungsstellen der Caritas oder anderer Träger. "Vor allem die kurzen Wege zu den anderen Beratungsstellen hier im Haus wie Schuldnerberatung, Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle und Migrationsberatung schätzen die Klientinnen und Klienten sehr", sagt Linke. Die beiden Beraterinnen kennen sich bei vielen Fragestellungen, Behörden und Antragsstellungen aus: bei Bürgergeld, Grundsicherung, Wohngeld, Kindergeld/Kinderzuschlag, Schwerbehinderung, Pflegegeld usw. "Die Anträge überfordern nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund", sagt Schütz. Oft geht es auch darum zu klären, worauf man Anspruch hat und wie man diesen umsetzt. Viele kennen ihre Ansprüche auf Unterstützung gar nicht, nutzen sie aus Scham nicht, oder sie scheitern daran, die Anträge entsprechend auszufüllen.
Zwar sind die Leistungsträger per Gesetz verpflichtet, selbst zu beraten, oft schicken sie die Menschen jedoch einfach zu Caritas oder Diakonie. Trotz ihrer zentralen Stellung in der Beratungslandschaft wird die ASB bis heute bei der Caritas bundesweit fast ausschließlich aus Kirchensteuermitteln finanziert. Wegen fehlender staatlicher Finanzierung haben die Verbände bundesweit oft die Beratungszeiten eingeschränkt oder das Angebot ganz eingestellt.
Auch im Gießener Verband werden die vier ASB-Beratungsstellen komplett aus Kirchensteuermitteln finanziert. Die dem Caritasverband Gießen zur Verfügung stehenden Kirchensteuermittel haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert, weil die Steuereinnahmen der Kirche aufgrund der kleiner werdenden Mitgliederzahlen schrumpfen. Der Anteil der Kirchensteuermittel lag im Jahr 2024 bei 3,9 Prozent im Gesamthaushalt des Caritasverbandes Gießen. Das sind bei 53 500 000 Euro Gesamtumsatz ca. 2 000 000 Euro. Das Geld fließt aber nicht nur in die ASB. "Zwar verwenden wir die Kirchensteuermittel nicht in Bereichen, die anderweitig refinanziert sind. Aber dennoch wäre ohne die kirchlichen Gelder vieles in unserem Verband nicht möglich, denn auch bei Beratungs- und Offenen Angeboten, die von staatlicher Seite bezuschusst werden, ist sehr oft ein Eigenanteil erforderlich", erklärt Taraneh Ghasemi, Bereichsleiterin Beratung und Soziale Dienste. Da die kirchlichen Gelder weiter zurückgehen werden, droht bei der ASB auch im Gießener Verband langfristig ein Abbau.
Deshalb fordert der Deutsche Caritasverband in seinen diesjährigen Armutswochen für die ASB zusätzlich eine planbare Kofinanzierung durch Kommunen und Länder. Das fordert auch der Gießener Verband für seine ASB, "damit wir weiter Lotse im komplizierten System sozialer Leistungen sein können", sagen Angela Linke und Brigitte Schütz.
