"Dafür gibt es keine Worte", sagt er, als er nach seinen Erfahrungen der letzten drei Jahre gefragt wird. "Das war sehr schwer, denn ich musste doppelt so viel lernen wie meine deutschen Mitschüler." Neben den fachspezifischen Lerninhalten musste Rrushi seine Deutschkenntnisse verbessern. "Als er hier anfing, konnte er kaum Deutsch. Heute träumt er auf Deutsch", erzählt sein Ausbilder Ruben Jahrling.
Rrushi stammt aus Albanien, wo er nur drei oder vier Jahre die Schule besuchen konnte. 2014 kam er als 13-Jähriger mit seinen Eltern nach Deutschland. Später wurden die Eltern abgeschoben, Mikelanxho Rrushi kam als 16-Jähriger in den St. Stephanus Kinder- und Jugendhilfeverbund des Caritasverbandes Gießen, der damals viele "unbegleitete minderjährige Ausländer" - im Fachjargon kurz "umA" genannt, aufnahm. Nach einer einjährigen Hospitation konnte er dank einer finanziellen Förderung durch den Caritasverband für die Diözese Mainz eine Ausbildung in der Verwaltung des Caritasverbandes Gießen beginnen.
Nicht nur die deutsche Sprache und viel nachzuholender Unterrichtsstoff beschäftigte ihn neben den üblichen Ausbildungsinhalten. "Ich habe die deutsche Kultur angenommen, mich angepasst und mich persönlich weiterentwickelt. Ich musste schnell erwachsen werden." Diese Eingewöhnung sei schwer gewesen aber "heute fühle ich mich hier zuhause". Dem Caritasverband ist bei allen Auszubildenden in der Verwaltung auch die politische Bildung wichtig.
Rückblickend betrachtet er die Zeit in St. Stephanus und in der Ausbildung als "sehr schön". Sein Ausbilder Ruben Jahrling, Verwaltungschef Andreas Groth, die Kolleginnen und Kollegen hätten ihm vieles mehrfach erklärt, wenn es nötig war. "Die hatten alle sehr viel Geduld und ich hatte sehr viel Unterstützung!" sagt er dankbar, und das weit über die beruflichen Inhalte hinaus. Heute sei er anderen Auszubildenden einen Schritt voraus, denn er sei in dieser Zeit auch persönlich selbstständig und erwachsen geworden.
Das Zeugnis hat für ihn einen besonderen Wert: "Es ist mein erstes richtiges Abschlusszeugnis!" Ein halbes Jahr wird er weiterhin beim Caritasverband arbeiten und sich dann einen neuen Job suchen. Und er will unbedingt weiter lernen, nicht nur, um die deutsche Sprache noch besser zu beherrschen, sondern auch, um sich im Beruf weiterzubilden, vielleicht einen Abschluss als Fachwirt zu machen oder sogar zu studieren. "Ich bin froh, diesen Weg genommen zu haben. Die Menschen bei der Caritas - das sind für mich viel mehr als nur Kollegen."