"Humor in der Pflege - Mit Humor den Pflegealltag meistern" hieß das Thema des ersten Gießener Demenzforums. Organisiert wurde es von Britta Christ (Caritasverband Gießen), Yuliya Traum (Vitos Klinik Gießen/Marburg) und der Musiktherapeutin Simone Plechinger, die bereits im vergangenen Jahr eine "Aktionswoche Demenz" und einen Gesprächskreis für junge Demenzkranke gemeinsam initiiert hatten. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung von der Volksbank Mittelhessen. Dass es bei Humor in der Pflege um viel mehr geht als um eine fröhliche Atmosphäre, machte Susanne Bötel vor rund 100 Zuhörern - Pflegekräften, Mitarbeiter des sozialen Dienstes in Altenpflegeheimen, Angehörige und auch einige selbst an Demenz Erkrankte - deutlich.
Mit Humor schwierige Situationen auflösen
In Filmen und Erzählungen zeigte Bötel, wie Humor im Umgang mit den an Demenz Erkrankten Menschen helfen kann, selbst schwierige Situationen aufzulösen. Auch wenn die Erkrankten viele Fähigkeiten nach und nach verlieren: Der Humor und die Körpersprache bleiben ihnen bis zuletzt erhalten. Und Lachen ist auch für diese Menschen mehr als nur gesund: Es wirkt sich in vielfacher Hinsicht auf Körper und Psyche aus.
Wenn Rosalore im rosa Röckchen mit viel Tüll und roter Clownsnase eine Station für Demenzkranke besucht, verzaubert sie die Menschen. Alle lächeln nach wenigen Minuten entspannt. Als Clownin spielt sie nicht einfach irgendeine selbstgewählte Rolle, sondern sie versucht, sich in die Menschen hineinzuversetzen. Wo das Sprechen manchmal schwierig ist, kann die Clownin auf der nonverbalen Ebene ansetzen. Sie "spiegelt" das Verhalten der an Demenz Erkrankten. Durch die Imitation kann sie selbst eine andere Perspektive einnehmen. Zwischen ihr und ihrem Gegenüber entsteht eine vertrauensvolle Verbundenheit. Sie gibt dem Demenzkranken das Gefühl, verstanden und ernstgenommen zu werden. Und manchmal versteht sie, warum jemand zum Beispiel wütend oder aggressiv wird. Der Humor sorgt nicht nur für Wohlbefinden, er entspannt seelisch und körperlich, mindert Schmerzen und Ängste, löst Hemmungen und erleichtert den Austausch von Gefühlen.
Puppe, Freundin oder junge Frau
Bötel erzählt von der alten Frau, die scheinbar auf nichts mehr reagierte. Sie setzte sich neben sie, ahmte ihren Atem nach und erzählte ihr eine Geschichte aus der Natur. Am Ende lächelte die alte Dame, öffnete die Augen und sagte: "Schön!". Bei einem Mann, der sich zuhause aggressiv hinter seiner Zeitung verschanzte, erlebte Rosalore durch die Nachahmung, dass es ihn nervte, wenn seine Frau ständig um ihn herum putzte. Seit seine Frau ihn dabei immer mal anlächelte und weniger putzte, ging es beiden besser. Auch für die Angehörigen kann der Perspektivwechsel helfen, zum Beispiel im früher schwierigen Vater den heute charmanten älteren Herrn zu sehen.
Als "Rosalore" biete sie den Menschen eine Art leere Projektionsfläche für ihre Emotionen, sagt Bötel. Jeder sehe in ihr etwas anderes. Für die einen ist sie so etwas wie eine Puppe, die zuhört, für manche Männer eine junge Frau, in die sie sich verlieben, manche sehen in ihr ein kleines Mädchen oder ihre Enkelin oder die beste Freundin aus Jugendzeiten.
"Ein Schatz, der gehoben werden muss"
Vielen Teilnehmern war das alles nicht ganz neu. Aber dennoch waren sie dankbar für die Ermutigung, mehr und gezielter mit Humor auf die Demenzkranken zuzugehen. "In den Pflegeeinrichtungen ist der Humor ein Schatz, der nur gehoben werden muss", so Susanne Bötel. Viele setzten Humor ein, aber es fehle der Austausch im Team darüber. Außerdem tue den Teams wie auch den pflegenden Angehörigen eine große Portion Humor gut und wirke ein wenig dem Stress im Pflegealltag entgegen.
"Jeder muss seinen ganz persönlichen Weg finden, humorvoll den Alltag zu meistern." Dass das jeder kann, machte Bötel anschaulich deutlich, als sie die Teilnehmer aufforderte, dass jeder eine Clownsnase aufsetzte: Jeder ist ein bisschen Clown.