Das genaue Startdatum nach dem Zweiten Weltkrieg ist nicht klar dokumentiert. Bekannt ist aber, dass im Vogelsberg alles mit zunächst nur einer Fürsorgerin begann. Johanna Wallentin hatte ihr "Büro" in ihrer Privatwohnung in Herbstein und sie hielt Sprechstunden in den Pfarreien der Region. Sie kümmerte sich zusammen mit zahlreichen Ehrenamtlichen vor allem um die vielen Vertriebenen, die damals in den Vogelsberg kamen. Es ging um Nahrung, Kleidung, Wohnung, Arbeit, Lehrstellen und Heimplätze für alte und kranke Menschen. Sie war zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs.
Die Zeiten haben sich in vielfacher Hinsicht geändert. Boten damals noch ein oder zwei Mitarbeiterinnen als Allrounder oft improvisierte Hilfe zu allen möglichen Fragestellungen an, sind die neun Fachkräfte, die heute zum Alsfelder Team zählen, jeweils spezialisiert auf bestimmte Themen. "Das Angebot hat sich über die Jahre angepasst und verändert", sagt Bereichsleiterin Renate Loth. So wurden nimmer wieder neue Bereiche angepackt und weitere Angebote auf die Beine gestellt, die allerdings manches Mal wieder eingestellt wurden. Manchmal lag es am nachlassenden Bedarf. Häufig war aber das Auslaufen finanzieller Förderungen der Grund des Endes von Beratungsangeboten und wichtiger Projekte, was für Betroffene, Mitarbeitende und Verantwortliche im Verband mitunter eine bittere Erfahrung war.
Heute bietet das Caritaszentrum im Vogelsberg in Alsfeld Allgemeine Lebensberatung, Beratung für Frauen in Schwangerschaft und Notsituationen, Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte, den Jugendmigrationsdienst, Ehe-, Familien- und Lebensberatung sowie den Fachdienst Gemeindecaritas/Ehrenamt an. Wie schon in der Anfangszeit spielt auch heute das Engagement von Ehrenamtlichen eine enorme Rolle für die Angebote vor Ort und ist ein Schwerpunkt der Arbeit im Caritaszentrum. Projekte wie zum Beispiel die Fahrradwerkstatt, die gebrauchte Räder repariert und weitergibt, der interkulturelle Männertreff oder die KinderKiste sind nur durch die Mitarbeit vieler engagierter Ehrenamtlicher möglich.
"Wir schauen auf die aktuellen Bedürfnisse der Menschen in der Region und entwickeln niedrigschwellige Angebote, die daran angepasst sind", sagt Renate Loth. "Not sehen und handeln" - dieses Motto des Caritasverbandes gilt früher wie heute. So wurde etwa (nicht nur wegen Corona) in den letzten Jahren die Online-Beratung eingeführt - manchmal auch kombiniert mit der analogen Beratung im persönlichen Gespräch. "Wenn zum Beispiel eine junge alleinerziehende Mutter in einem Dorf im Vogelsberg wohnt und kein Auto hat, ist es für sie schwierig, zu uns ins Beratungszentrum zu kommen. Die Online-Beratung ist da eine große Hilfe", erläutert Renate Loth. "In Zukunft werden digitale Angebote in der Beratung eine immer größere Rolle spielen."
Ein Jahr lang will der Caritasverband Gießen im Vogelsberg das Jubiläum mit mehreren Veranstaltungen begehen, die unterschiedliche Menschen und Themen ansprechen werden. Vorgesehen sind Fachvorträge, eine Pilger-Sternwanderung, ein Fest für aktuelle und frühere Mitarbeitende und ein großes Abschlussfest im Spätsommer 2025. Die einzelnen Veranstaltungen werden rechtzeitig angekündigt.
Das Caritaszentrum im Vogelsberg befindet sich in Alsfeld in der Straße Im Grund 13, Telefon 06631/77651-0, E-Mail caritaszentrum.vogelsberg@caritas-giessen.de.