Rund 50 Mitarbeitende des Verbandes waren zusammengekommen, um sich über die Umsetzung der Charta der Vielfalt auszutauschen. Nachdem das jährliche Treffen wegen der Coronapandemie lange nicht stattfinden konnte, freuten sich dieses Jahr viele, endlich wieder auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen des Verbandes im Pflege- und Förderzentrum St. Anna ins Gespräch zu kommen. Der Tag erinnert an den ersten Caritasdirektor des Verbandes Monsignore Bernhard Itzel. Zu Itzels Zeiten wie heute brauche Vielfalt im Verband ein gemeinsames Fundament, und das sei die praktizierte Nächstenliebe mit Wertschätzung für alle Menschen unabhängig von Herkunft, Religion und sexueller Identität, sagte Caritasdirektor Ulrich Dorweiler bei der Begrüßung.
Die katholische Kirche werde oft als diversitätsfeindlich wahrgenommen, sagte Pfarrer Erik Wehner, Aufsichtsratsvorsitzender des Verbandes bei seinem geistlichen Impuls. Dabei sei in der Bibel schon davon die Rede, dass Gott alle Menschen mit der gleichen Würde geschaffen habe. Jesus habe seine Botschaft allen Menschen verkündet und dabei Grenzen ignoriert und überwunden. Dennoch gewinne der Gedanke der Diversität in der heutigen katholischen Kirche nur "zeitverzögert" an Bedeutung aufgrund unterschiedlicher Sichtweisen in der Weltkirche. Wehner dankte den Mitarbeitenden der Caritas, dass sie "Diversität mit großer Selbstverständlichkeit leben, für Vielfalt eintreten und damit das, was inzwischen Auftrag für Kirche und Caritas ist, umsetzen".
Caritasdirektorin Eva Hofmann erinnerte daran, dass der Verband im vergangenen Jahr die Charta der Vielfalt unterzeichnet hat. "Wir leben Vielfalt in unseren Angeboten und durch unsere Mitarbeitenden. Es gab bei uns immer schon Mitarbeitende und Klientinnen und Klienten aus verschiedenen Kulturkreisen, Religionen und Lebensweisen, und zwar nicht aus Personalnot. Es ist eine Bereicherung für unsere Arbeit, wenn Menschen Fachkräften aus dem gleichen Kulturkreis und mit der eigenen Muttersprache begegnen."
In Arbeitsgruppen, in denen sich jeweils Mitarbeitende aus den verschiedenen Tätigkeitsbereichen des Verbandes mischten, wurden verschiedene Aspekte des Themas Vielfalt diskutiert. "Nicht nur darüber reden, sondern Vielfalt vorleben und praktizieren", war eine der anschließenden Forderungen. Aber auch die Erkenntnis "Das machen wir doch längst!" wurde immer wieder betont. Allerdings wurden auch Probleme diskutiert: Was tun, wenn ein Altenheimbewohner nicht von einer farbigen Pflegerin betreut werden will? Wie damit umgehen, wenn die Zeit fehlt, um sich in Ruhe mit der kulturellen Andersartigkeit eines Kita-Kindes und seiner Eltern zu befassen und sie zu verstehen? Wie weit muss darauf Rücksicht genommen werden, wenn jugendliche Flüchtlinge einen Minirock der Mitarbeiterin als aufreizend empfinden? "Es hat Zeit gebraucht, bis lesbische Frauen in der Küche des Pflegeheims von den Bewohnerinnen und Bewohnern akzeptiert wurden. Aber irgendwann setzte sich die Erkenntnis durch: Die lesbischen Mitarbeiterinnen kochen eine genauso gute Gemüsesuppe", erzählte eine Teilnehmerin.
Zeit, Geduld, Fingerspitzengefühl und Verständnis für alle Beteiligten ist wichtig bei der Umsetzung und nicht immer leicht umzusetzen, so eines der Ergebnisse des Tages. Wortsurfer Axel Garbelmann fasste in seinem humorvollen, aber auch nachdenklichen Auftritt am Ende die vielen genannten Aspekte zusammen: "Wir brauchen Zeit, unsere Ohren zu öffnen, sehen, erkennen und anerkennen zu können. "
Von den Mitarbeitenden wurden auch Forderungen an den Verband geäußert, so unter anderem nach mehr und besserem Austausch über die Bereiche des Verbandes hinweg und nach Kita-Plätzen für die eigenen Kinder. Außerdem solle dafür gesorgt werden, dass die Vielfalt, die im Verband gelebt wird, in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird.